Heilungsarbeit ist auch „Arbeit“

Nachdem ich aus der Tagklinik seit nunmehr sechs Wochen zuhause bin, gewöhne ich mich langsam wieder an den Alltag.

Dennoch stellt sich mir oft die Frage vor lauter Dingen, die ich den ganzen Tag real tue und die mich erschöpfen – was tue ich wirklich alles als kranke Person und worauf kann ich real stolz auf mich sein (im Rahmen der Selbstfürsorge!)!

Die ganze Care- und Gesund-werde-Arbeit, die viel Gehirnschmalz als auch viel Zeit, Geduld, Liebe und Kreativität erfordert (vor allem bei Elternteilen, mit noch weniger realer Zeit) ist ja per se gesellschaftlich „unsichtbar“ und für uns Individuen deshalb selbst wenig greifbar. Mir hilft schon allein das Schreiben dieses Blogs, mir da mal ein paar Gedanken mehr dazu zu machen.

Unangenehm erweise, wird ja auch oft subtil oder offen von anderen in Frage gestellt „ob es einem da nicht langweilig bei wird“. Oft ist das der erste Gedanken von Menschen, die noch nie Berührungspunkte mit längerer oder chronischer Krankheit hatten. Im Gesichtsausdruck mancher glaube ich auch öfter mal zu lesen, das einem sogar noch mehr Abwertung entgegengebracht wird – ohne die Umstände näher zu kennen. Damit möchte ich mich aber nicht mehr beschäftigen, da es nur ein energetischer Impuls und keine konkrete Ansage ist.

Dennoch fragen sich anscheinend viel Menschen, sobald jemand längere Zeit krankgeschrieben ist“ langweilt der sich nicht“ oder meinen gar „der hat wenigstens Zeit zuhause faul zu Netflixen“…What – krank sein ist kein Spaß oder Erholung?!?

Zugegeben ich selbst frage mich oft am Ende des endlosen Tages, mit unendlich viel zu tun, und entsprechender Erschöpfung, was es denn genau es war, das mich so beansprucht hat.

Jeder, der an einer „Sache“ erkrankt, die sich nicht einfach mit einer „Pille“ kurieren lässt (fällt mir außer vielleicht Kopfschmerz auch keine ein), ist i.d.R einen „großen“ Teil des Tages mit dem managen der Krankheit beschäftigt. Um nur einige Beispiele im körperlichen und/oder mentalen Bereiche zu nennen: Körperarbeit, Sport & Gymnastik, Meditation, Körperpflege & Versorgung die aufwendiger sind oder länger dauern, Online Kurse zur Behandlung, Nahrungsergänzungsmittel und/oder Tabletten über den Tag verteilt nehmen, Arztbesuche, Therapie (Geist/Körper), Mindset Arbeit, Tools & Routinen anwenden die zur Besserung beitragen, Zeit für Selbstfürsorge & Entspannung – ohne Krankheitsgedanken; Einüben neuer Gedanken, Mantren und Verhaltensweisen, Recherche über die Krankheit, Psychoedukation, Kommunikation und finden von kreativen Möglichkeiten mit allem stressfreier umzugehen.

Ich persönlich liebe hier die buddhistischen Dharma-Talks & Podcasts, Binaurale Beats und viel Literatur im Hinblick auf Neurologie & Psychologie, die mir hilft mich besser zu verstehen.

Hört sich das für euch nach Langeweile an?

Also für mich nicht – natürlich braucht man sich damit auch nicht zu stressen, aber ehrlich heutzutage krank zu sein ist auch allein schon viel Bürokratie – Gespräche & Info-Mails und zur Terminverschiebung & Absage mit allen möglichen Leutchen…stressig.

Für mich beginnt mit dem Aufwachen die Mindset-Arbeit um sich wieder in der Akzeptanz der Situation einzuschwingen.

Selbst das sitzen auf dem Sofa, nach den morgendlichen To Dos und Erledigungen als Mama, ist für mich schon die reinste Mindset-Arbeit, da ich oft erstmal mit einer Welle Schuld und Scham darüber von meinem inneren Kritiker bombardiert werde.

Sobald das abgewehrt ist kommen dann alle möglichen anderen Emotionen zusammen, als auch Körperempfindungen die einem oft keine Ruhe lassen. Dies sind dann oft die eigentlichen Themen aus Vergangenheit, Gegenwart und oft noch Ängste im Bezug auf die Zukunft die gerne alle gleichzeitig angeschaut werden möchten.

Den Gefühlssalat im Kopf zu entwirren, den Körper wieder zu spüren und raus aus der Vergangenheit wieder in der Gegenwart anzukommen ist dann oft schon eine Aufgabe die sehr gut auslastet vor allem kognitiv.

Weshalb man immer nur eine Baustelle anschauen sollte, und man sich nicht von dem „Berg“ der sich vor einem auftürmt, überwältigen lassen sollte.

Hört sich einfach und nach wenig an?

Nee, ist viel, geht tief und nimmt gut einiges der Lebensenergie und der Gehirnkapazität in Anspruch!

Es tut gut sich selbst mal klar darüber zu werden, dass gesund werden auch kein Spaziergang ist und nichts mit „Spaß und Faulenzen“ zu tun hat – oft wünschte ich es ginge mir nur um eine Auszeit. Aber der Kopf und seine Themen wird man einfach nicht so einfach los, egal wohin ich gehe die Sorgen gehen mit und diese realistisch zu „managen“ um mich wieder beruhigen und entspannen zu können ist die wichtigste und zeitfüllenste Arbeit gerade überhaupt.

So und jetzt rufen die Mama-Pflichten…diese Rolle ist auch nicht ohne – nie vergessen wenn ihr euch am Abend erschöpft und überreizt fühlt!