Zuviel am Morgen…Information Overflow…

Was mich in der Depression gerade am meisten stresst, sind sehr frühe Arzttermine. Einerseits schaffe ich es dann leichter aus dem Bett zu kommen, da mein Kopf noch schon flauschig im Nebel ist da die Schlafmedikation noch nachwirkt…charmant um man nicht dauernd zu „denken“.

Andererseits schreit jede Zelle im Körper ich muss sofort zurück ins Bett, der Kampf mit der Müdigkeit und Schlappheit sind gerade echt hart und bringen meinen Verstand dazu sofort in den Widerstand zu gehen und somit auf Kopfdruck das eigenen Leid zu verstärken. Gut das schon mal koginitiv zu erfassen, sich den Mechanismus bewusst machen und einfach mal bissel distanzierter wahrzunehmen kann etwas Entlastung bringen.

„Nützt ja nichts“, denke ich und versuch mich auf meinen Atemfluss zu konzentrieren, der mich merklich entspannt.

Die Großstadt mit all ihren Baustellen, permanent neuen Umleitungen und Veränderungen im Fahrplan der öffentlichen Verkehrsmittel, die mittlerweile für jeden gesunden Menschen schon fordernd ist fordert gerade das ich das „leiden“ abgestellt habe ihren Tribut.

Mist, ich hatte alles durchgeplant mit Puffer und dann doch irgendwie aus Gewohnheit in die falsche SBahn eingestiegen. Also erstmal stoppen, durchatmen und meine App bemühen die mir leider nur ziemlich konfus weiterhelfen kann mit Fahrmöglichkeiten die meinen Termin in weite Ferne rücken lassen.

Panik…ich laufe los, falscher Ausgang, also wieder zurück und richtigen nehmen – 15 Min bereits zuspät also beschliesse ich Geld zu investrieren und schnell hoch zum Taxistand zu gehen um zielgerichtet ohne Schienenersatzverkehr zum Arzt zu kommen.

Ich klingele etwas kleinlaut aber entschlossen beim Arzt durch und entschuldige mit für meine Verspätung und frage ob es noch Sinn macht zu kommen. Ich bin unendlich froh das Verspätungen „entspannt“ genommen werden und ich noch kommen kann. So lande ich gestresst, verschwitzt und innerlich im Nebel, unsicher und verwirrt doch noch beim Arzt.

Hatte mir zum Glück für den wichtigen Termin heute Notizen gemacht, aber es ist gerade alles zu viel schreiben, zuhören gleichzeitig und dann noch reflektieren, verarbeiten der Infos und konkrete Fragen stellen…einiges ist geschafft, aber einige wichtige Frage hab ich eben doch vergessen! Wie es so ist fokusiert sich mein Verstand auf diesen „Fehler“ – hey, moment versuche ich es mitfühlend „ich hab so viel geschafft und so hart gehe ich mich jetzt an, really?!“

Also auch wenn ich kein wirklich befriedigendiges Gefühl habe, was erstens an meinem Zusand liegt aber zweitens auch daran das der Arzt meines Erachtens nach, viel zu wenig von sich aus zu meinen Baustellen erklärt und besprochen hat, auch bezüglich der Zusammenhänge und Erläuterungen der Blutwerte, die mich eine Stange Geld gekostet haben habe ich unzureichend Infos.

Klar hätte ich fragen können, aber meine inneren Prozesse waren leider sehr intensiv und ich zu beschäftigt.

Meine Strategie, um die aufkommende Selbstabwertung halbwegs in den „Griff“ zu bekommen:

  • Tief durchatmen
  • Mir klarmachen, dass ich mein bestes unter den widrigen Umständen gegeben habe
  • Halbwegs „locker“ bleiben, ist ja auch nicht „kriegsentscheidend“ wenn nicht alles klar ist
  • meine Lösungsmöglichkeit macht mich zudem, auch versöhnlich mir gegenüber:
    • Alle Fragen einfach fürs nächste Mal in den nächsten Termin schreiben und dann nicht gehen bevor alles abgearbeitet ist 😉

So da der nächste unangenehmere Termin mir schon im Genick sitzt und ich immernoch auf die Blutabnahme warte – gleich nochmal tief atmen, Fokus.

In Momenten die ich nicht kontrollieren oder verändern kann kommt dann gerne eine alte Hilflosigkeit hoch, die mich aus meiner Klarheit wieder mehr im Gehirnnebel wandeln lösst. Erstarrungsmodus und gleichzeitig auch Schamgefühle diesem alten Muster erlegen zu sein, kommen spürbar hoch.

Bodyscan, den Körper fühlen und Atmen – Hand auf das Herz, die Angst im Hinblick auf die Verspätung im Bezug auf den nächsten Termin sinkt.

Verwirrt mit vielen Informationen und einen Gefühl von Unklarheit verlasse ich endlich die Arztpraxis um den unangenehmen ehemaligen Arbeitsweg hinter mich zu bringen und mein Hab und Gut im Cafe bei einer ehemaligen Kollegin in Empfang zu nehmen.

In die „Höhle der Verdammnis“ wollte ich dann doch nicht rein, reiner Selbstschutz vor allem bei den Bad Vibes. Hab diese ganze Geschichte noch nicht verarbeitet, ist noch frisch und schmerzt an ein paar Stellen, das brauche ich gerade ohne Therapie nicht noch intensivieren.

Es geht schnell und ich bin stolz auf mich, dass ich das alle geschafft habe ohne Selbstzerfleischung unter den Umständen!

Da Frühstück heute Morgen nicht drin war, nehme ich mir jetzt achtsamen Raum für einen gesunden und nicht gesunden Snack und versuche bei mir zu bleiben im Hier & Jetzt …paar Minuten für mich zu „genießen“.

Da die Amygdala meine innere Bedrohlichkeit zur Zeit pushed und mein Hippocampus irgendwie gerade mein „Sein“ nicht deuten und einordnen kann, geschweige denn Emotionen koordiniert kriegt – fühle ich mich also weiter wie ein unsichtbarer Geist…ohne rechte Identität!

Trotzdem versuche ich das mal wieder so gut es geht hinzunehmen, steht ja ein Klinikaufenthalt an – Hoffnung kommt auf!

Bevor ich mein Zeitgefühl verliere und hier kleben bleibe freue ich mich jetzt doch den Heimweg bewusst anzutreten und zu meinem „sicheren Ort“ zu fahren.

Heute mal keiner da, was mir viel Raum gibt denn ich in Zeiten von Home Office schon öfter vermisse, andererseits auch etwas einsam. Nicht allzu lange in dem Gefühl verweilen denk ich mir, denn es gibt gerade massig nach den Terminen zu tun.

Dokumente scannen, speichern, verschicken und ordnen…Telefonate und Besorgungen, dann gönne ich mir ein kleines Mittagessen und tue mir gutes mit meinem therapeutischen schreiben hier.

Mich zieht es immerwieder magisch Richtung Bett heute, aber ich habe Angst dann nichts mehr auf die Reihe zu bekommen also versuche ich etwas zu lesen…mässig erfolgreich, aber ok.

Noch versuchen eine Stunde „in Ruhe“ nicht „Gedankenspiralen“ für mich zu nutzen und dann gemütlich mit dem Rad den kleinen abzuholen in der Hoffnung noch bisserl wärmende Sonne zu tanken und uns noch gutes zu tun.

Ich freu mich schon auf den süßen, auch wenn er mich gerade mit unendlich vielen Emotionen, seiner intensiven Lebendigkeit und Willensstärke gut fordert – gemeinsam Pause machen steht dann auch wieder zur Erholung auf dem Plan.

Das schöne ist das Kinder uns zwar sehr fordern, aber auch gleichzeitig fördern – er ist immer wieder einer meiner besten Lehrer!

Ein Moment der Dankbarkeit erfasst mich, für meine kleine Familie, unser Heim, lecker Essen, Freunde … vieles nehme ich oft gerade gar nicht so tief war – Schade, aber wird schon wieder – hab ja schon Erfahrung mit so einer emotionalen Berg- und Talfahrt ;).