Stille…

Ein Thema das mich gerade in Depressionen beschäftigt ist die Stille, mit ihren vielen Gesichtern – die sie gerade in dieser Krankheitsphase oft alle zeigt.

Von wohltuend bis zur Erstarrung alles dabei.

Es gibt für mich, gerade meist folgende Formen von Stille die mich fördern und fordern:

  1. die wohltuende Stille, in der ich mich einkuscheln kann. Sie öffnet meinen Verstand, mein Herz und lässt mich, wenn auch manchmal nur für einen kleinen Moment auftanken. Sie öffnet einem Raum für mich, schafft Klarheit in Körper und Verstand und lässt mich meine innere Lebenskraft, Stärke und Potenziale auch wieder wahrnehmen. Gerade bin ich um jeden Moment dieser Stille froh die mir hilft, Kapazitäten für Heilung zu schaffen

2. die ambivalente Stille, die lässt mich erst etwas zur Ruhe kommen findet dann aber schnell einen Ansatzpunkt für Unruhe und innere Getriebenheit. Einerseits hilft sie mir wieder Antrieb zu bekommen und nicht in eine Erstarrung zu verfallen, andererseits ist sie sehr launisch und wechselhaft – wie auch die Depression. Oft frustriert sie mich so das ich ihr freiwillig mit Ablenkung oder Doing entkomme und versuche dennoch die Minuten der „Ruhe“ mitzunehmen.

3. die unangenehme Stille, kommt vor allem dann vor wenn mir eine Situation gerade maximal unangenehm ist, warum auch immer. Am liebsten würde ich mich ihr gerade entziehen oder in den Redefluss verfallen um sie nicht mehr ertragen zu müssen. Reden ist für mich oft auch ein Mittel zum Coping geworden, obwohl ich es oft auch geniesse vor allem im wohltuenden Miteinander oder in meinem Podcast ;). Wenn mich aber was belastet, darf ich gerne wieder lernen mir den Rededruck abzugewöhnen und lieber bei mir zu sein.

3.die schwere Stille, es fühlt sich an als ob ein schwerer dicker Mantel über mich gelegt wird, den ich nicht abstreifen kann. Meist ist dies ein sehr tiefes, altes prägendes Gefühl das aus dem Unterbewusstsein hochsteigt und auf der eigenen unbewussten frühkindlichen Geschichte oder vererbter Gefühle und Traumata beruht. Es ist schwer einzuordnen was gerade das Thema dieser Gefühlsschwere bis zur Taubheit und Erstarrung ist. Denn es ist auch eine „normales“ Syptom der Depression – was natürlich auch mit der eigenen Geschichte zu tun hat. Oft geht es für mich wenn es ein symptom der Depression ist um Schuld oder Scham über meine Krankheit, das schlecht annehmen können und damit im Widerstand sein. Es ist einfach oft ein Kampf, denn kein Mensch erträgt solche Gefühle freiwillig. Leider ist unser Nervernsystem oft einfach viel zu überlastet und die neurobiologie spielt im Punkto regulierung der Neurotransmitter und Informations- und Reizverarbeitung im Gehirn krankheitsbedingt nicht mehr mit. Oft finde ich genau diese Form der Stille, die charakteristisch ist für die Depression, sehr schwierig denn sie nimmt sprichwörtlich die eigene „Stimme“ und bettet sie in ihren „Mantel des Schweigens“. Sich zu artikulieren und abzugrenzen fällt zunehmend schwerer und alleine diese Letargie kann einen belasten.

Das schwierigste ist dann wieder aus dieser Stille herauszufinden.

Allerdings ist diese schwere Stille auch teilweise einfach einer großen geistigen und körperlichen Erschöpfung geschuldet und deshalb ist euch für mich immer wieder gut ihr auch öfter mal nachzugeben, nicht immer in den Widerstand mit ihr zu gehen. Denn der Körper bringt einen ja nicht unabsichtlich in diesen Zustand. Er versucht uns damit zu helfen, gerade wenn wir oft nicht auf seine Botschaften gehört haben, zieht er uns den Stecker und lässt uns in die Erstarrung fallen, weil dann einfach gerade nichts mehr geht.

Nach meinen Anstrengungen der letzten Tage: der Orga für die Klinik, Arzttermine und Rückgabe des Equipment bei meinem Ex-Arbeitgeber, „normale“ Carearbeit, Haushalt und Selbstfürsorge..puh!

Ich muss sagen ich gönne mir die Erstarrung gerade auch einfach, weil nicht mehr geht – oft hab ich eh nur 1-2 Stunden bevor ich zum Kindergarten gehe also stelle ich mir einen Wecker und erlaube mir solange zu versinken – mit und ohne Hand aufs Herz, was für mich ein aktives Eingreifen in die Erstarrung durch Selbstfürsorge darstellt.

Wenn der Wecker dann klingelt, trifft es mich immer hart und ich darf gut noch eine halbe Stunde einplanen um wieder einiger Massen körperlich und geistig mit kleinen Bewegungen und Orientierung im Raum wieder in der Realität anzukommen.

Gestern zum Beispiel war ich total platt nach meinn Terminen, danach und dennoch war ich froh das ich mit meinem kleinen als Selbstfürsorge noch ein Eis essen war…hat gut getan, auch wenn wir es uns dann zuhause ruhig gemacht haben.

Es ist echt schwierig in der Depression zu wissen was einem gerade gut tut und was nicht und es einfach auszuprobieren ist auch viel Kraftaufwand – deshalb seit lieb zu euch vor allem dann wenn es gerade mal nichts ausser der Letargie und Erschöpfung zu fühlen gibt- auch das ist warscheinlich gerade mal für euren Körper und Geist im Heilungsprozess nötig!

Achtet gut auf euch, ihr verdient es – genauso wie ich – das ihr nicht so hart „ins Gericht“ mit euch geht, wenn ihr aufgrund des vorübergehenden eventuell limitierten sprachlichen Ausdrucks und Abgrenzung mit Worten (versucht es einfach mal mit dem Körper z. b. distanz aufbau oder weggucken, wegdrehen) das Gefühl habt eure Bedürfnisse zuwenig zum Ausdruck gebracht zu haben.

Es ist einfach auch leider ein Sympton der Krankheit und du darfst gerade einfach auch mal nicht funktionieren!!

Wow…das schreib ich mir auch gleich mal wieder hinter die Ohren, falls ich wie gestern in die falsche U-Bahn steige und ewig durch Baustellen auf der Suche nach dem richtigen Ausgang irre auf meinem Weg zu meiner letzten Körpertherapie vor der Klinik. Heute eher ein selbstfürsorgliches „mich hinschleppen“…aber es tut im Nachgang auch immer gut..bisserl so wie mit dem Sport.

Trotzdem bin ich froh, ab nächste Woche mehr Therapie im Rahmen einer festen Routine zu haben, eigentlich wurde mir eine stationäre Therapie empfohlen – mal schauen, aber als Mutter mit viel Care Verantwortung kann und möchte ich mich nicht rausziehen (auch weil ich weis was da für den Papa bedeutet) …nicht wenn es auch mit dem Versuch der Tagklinik anders geht. Klar, wenn ich dadurch nicht „gesunden“ kann weil ich immere noch zu viel Verpflichtungen habe, dann müssen wir schauen.

Nur bringt es uns Müttern mit Familie auch nichts wenn dann alle anderen zu viel Stress haben und unser Familiensystem dadurch kollabiert – wir Mama sind leider oft sehr essentiell – deshalb dürfen auch wir gesund werden…wie auch immer das aussehen mag. Also Schuld und Scham auch hinter uns lassen, falls wir wirklich leider mal komplett „auschecken“ müssen, damit wir danach wieder für alle da sein können.

Schwere Sache- ich drück uns allen die Daumen für viel Kraft!