Mit aller Kraft in Richtung Besserung

Puh ich sag euch eines einen ambulanten oder stationären Therapieplatz zu bekommen ist Schwerstarbeit für einen psychisch kranken Menschen, leider können das nur die Menschen wirklich beurteilen, die schon mal in der Situation waren.

Alle anderen z. B. Ärzte, Psychiater oder Krankenkassenmitarbeiter werden einem nett aber bestimmt weiterhin den Hinweis gegen der einen kranken zusätzlich unter Druck setzt“ sie müssen dran bleiben, täglich anrufen – nachhaken, ihre Bedürftigkeit zum Ausdruck bringen“.

Natürlich tun wir was wir können, ohne Frage – kein Mensch will diese traurige, gefühlstaube Leere mit Selbstzerstörungs-Tendenzen länger als nötig spüren!

Auch wir wollen behandelt werden und vor allem zielgerichtet, passend und zeitnah gesund werden.

Keiner von uns „depressiven“ mag es länger als nötig, auch noch diese Existenzangst mit sich rum zu schleppen. Das Gefühl nicht zuwissen, ob und wie lange man sich den eigenen, lange aufgebauten und hart „erarbeiteten“ Lebensstandard noch leisten kann (und vielleicht auch aufreibende gravierende Veränderungen für alle Beteiligten nötig sind) die Belastung und Schwere kann wohl keiner Nachvollziehen der noch nicht in der Situation war.

Also liebe Mitarbeiter im Gesundheitssystem, glaubt mir wenn ich sage jeder von uns tut im Rahmen seiner Belastung das möglichste um wieder gesund zu werden und auch wieder „normal“ leben und arbeiten gehen zu können.

Aber wie ihr alle wisst, ist das Gehirn ein sehr mysteriöses Organ über das alle viel zu wenig wissen, was nicht unser verschulden ist! Deshalb bitte vermeidet es uns noch mehr Druck zu machen, das ist kontraproduktiv und verlängert höchstens unser Leiden und euren „Kostendruck“.

Jeder von uns psychisch erkrankten wünscht sich sicher tausend Mal täglich lieber ein „körperliches“ Gebrechen zu haben, das einfacher zu behandeln ist als die Psyche.

Denn so belastet die Unsicherheit und Unklarheit auch unsere Lieben vielfältig mehr als bei jeder körperlichen Sache.

Viele Angehörige leiden auch unter der Hilflosigkeit, verausgaben sich zusätzlich und kompensieren viel was „Mama“ die so einiges schultert gerade nicht so kann.

In der heutigen Zeit in der wir aber alle am Limit sind und Familien nicht mehr in einem Ort oder Haus zusammenleben, ist es schier Unmöglich familiär die Last von einzelnen auf mehrere umzuverteilen.

Somit sind vor allem in Kleinfamilien meist explizit die Partner von der Krankheit mit belastet, was mich als betroffenen auch tangiert.

Ich sehe was meine Lieben – aber auch ich – in dieser schwierigen Phase stemmen, und es tut mir einfach jeden Tag erneut leid, dass uns das allen durch meine Krankheit zugemutet wird.

Schnell tendiert man dazu sich das als kranker Mensch selbst anzulasten, aber bitte lernt diesen Gedankengängen zu misstrauen und seht stattdessen „es ist eine Krankheit, du hast nicht darum gebeten – weder jetzt noch irgendwann darunter zu leiden“.

Es ist schwer genug anzunehmen das sie einen so aus der Bahn werfen kann, also bitte beschuldige und belaste dich nicht noch mehr damit!

Während ich diese Zeilen schreibe, fühle ich mich endlich wieder und es kommen mir die Tränen – es tut so gut zu fühlen auch wenn es schmerzt, besser als diese innere Taubheit, Erstarrung und permanenter Gehirn-Nebel.

Es schmerzt mich gerade sehr das diese Krankheit mein Leben das ich mir so „hart“ aufgebaut habe, droht umzustürzen – werden wir unsere Wohnung in der wir uns so wohl fühlen noch lange leisten können wenn ich weiter krank bin?

Wird unser Partnerschaft, mit alle dem Leid der letzten sechs Jahr angefangen von einer traumatischen Geburt bei dem wir den kleinen fast verloren hätten, schlaflosen Nächten wegen der Atemnot des kleinen über Jahre, dem Impfschaden und der daraus resultierenden chronischen Nervenschäden meines Mannes und meinen Krankheitsphasen.

Sagen wir so, das Leben hat uns echt gebeutelt, um uns auch einiges auf persönlicher Ebene klar zu machen. Wir haben versucht alles zu verändern und anzupassen was nötig war um bestmöglich „gesund“ weiter zu leben – nicht nur zu Überleben…obwohl es das oft war.

Wir haben es super gemacht, klar hat es uns unendlich Kraft gekostet und seinen Preis gehabt aber ich bin mega froh das wir das zusammen gemeistet haben.

Wir haben wie jede Familie unsere Streitpunkte wie z. B. ist der eine phasenweise ordentlicher als der andere oder braucht mehr Nähe/Distanz oder Ruhe – aber wir haben unsere Not zu einer Tugend gemacht und dazugelernt was unsere Bedürfnisse nicht, was uns am Leben erhält und was wir gerade brauchen.

Noch wichtiger haben wir gelernt und sind noch dabei Bedürfnisse auszudrücken um so überhaupt die Möglichkeit zu haben reale machbare Lösungen für uns alle drei zu finden.

Ich bin stolz auf uns war wir für einen steinigen Weg gegangen sind und das es uns noch „gut“ geht – doch die Unsicherheit wie lange diese Krankheit noch dauert nagt gerade an uns.

Es liegt oft in der Luft wie ein Gewitter, wir Eltern sind Kräfte mässig immer am Anschlag und in meiner aktuellen Krankheitsphase gilt es gerade wieder alles neu an Aufgaben zu verteilen, neu zu strukturieren – auch das kostet unsäglich Kraft die uns oft für anderes fehlt.

Den Spagat hinzukriegen und zu meistern ist schon eine riesige Kompetenz, die wir uns viel zu wenig selbst anerkenne und zugestehen! Ich versuche das uns aktiv oft real klar zu machen, indem ich spontan mal auf uns Anstosse wenn sich eine Gelegenheit bietet oder es einfach meinem Mann wenn wir erschöpft abends ins Bett sinken „vor den Last knalle“. Auch wenn die Stimmung für die eigene „Lobpreisung“ oft nicht passt, weil der Raum und die Leichtigkeit gerade einfach nicht dafür da ist – so darf es doch ein uns unterstützendes Mittel sein das uns aufzeigt wie gut wir unseren „Job“ machen.

Nicht nur als Eltern sondern auch als Partner und Liebende, die natürlich wenig Raum für sich haben.

Mir ist es gerade trotz Krankheit und weniger tiefes Gefühl wichtig, für Zweissamkeit klitzekleine Räume zu schaffen, oftmals einfach nur ein Spaziergang in der Natur ohne groß zu reden oder Abend zusammen nen Tee Arm in Arm trinken.

Die Angst das auch unsere Beziehung all die Krisen und die Erschöpfung der letzten Jahre und gerade diese Krankheitsphase nicht mehr lange aushalten könnte, liegt auch oft nahe.

Ich spüre sie bei uns beiden, obwohl mein Mann das aus Schuldgefühl wohl nicht laut aussprechen würde, aber ich weiß das es für jeden von uns manchmal „zu viel“ ist und wir uns fragen „schaffe ich das noch lange“ oder „nehmen wir uns beide durch unsere Krankheiten die Kraft die wir zum leben brauchen“?

Das sind sehr reale und auch befreiende Fragen in einer Situation der familiären Überlastung für die es auch Raum geben darf, egal wie sehr es schmerzt solche Gedanken zu haben.

Sowas machte sich gestern wieder klar bemerkbar, als wir unser Orga-Gespräch hatten in dem es um die Tagklinik ging, in die ich bald für zwei Monate gehe. Zwar nur tagsüber aber immerhin von 08.30 bis 17.30, da gibt es für eine Familie mit Kind viel umzuorganisieren was belastete Menschen enorm an ihre Grenzen bringt.

Gerade im Hinblick auf die Last die wir gerade tragen ist es wichtig uns nicht noch mehr inneren Druck zu machen und uns deshalb Gefühle und Gedanken zuzugestehen, es sind ja zunächstmal nur „Gedanken“ und keinem von uns beiden liegt an einer Trennung – darum geht es auch gar nicht. Es geht darum sich die eigenen Bedürfnisse und den eigenen Raum für inneren Frieden, Freiheit und Gedanken zuzugestehen.

Ich persönlich muss sagen unsere Liebe die anfänglich klassisch körperlich und romantisch war, natürlich wie es sein sollte, hat durch die großen Herausforderungen mehr Tiefe und Format bekommen. Ich fände es toll wenn wir es schaffen, weiter an einem Strang zu ziehen und Miteinander weiterzugehen – denn wir haben etwas besonderes und viel gemeinsames Potenzial für weiteres erfülltes Leben und Lieben , das noch entdeckt werden darf.

Ich drücke uns die Daumen, auch wenn da gleichzeitig diese unendliche Traurigkeit aufkommt, dass uns das Leben anderes mit uns vorhaben könnte.

Drückt uns die Daumen für Heilung und endlich mal wieder unbeschwerte Zeiten.

Dasselbe wünsche ich dir da draußen, falls du in einer ähnlichen Situation bist. Es geht nach den Belastungen der Pandemie gerade vielen Menschen so, vergiss nicht.

Du oder ihr seit nicht allein und in guter Gesellschaft, nehmt das zum Anlass offen über eure Herausforderungen zu reden auch mit anderen und auch mal um Hilfe zu bitten!