Von wohltuender Erwartungslosigkeit im Mitteinander

Als sensibler empathischer Mensch lag es früh in meiner kindlichen „Verantwortung“ zu spüren wie es meinem Umfeld geht und wie ich es regulieren kann um mein bestmöglichstes Leben sicherzustellen.

Vielen sensiblen Menschen geht es hier ähnlich und je nach Ausmaß der Bedrohlichkeit des „Ausgleichen“ müssens und gleichzeitig der Intensität der Überforderung für das kindliche Nervensystem, dass dieser Spagat darstellte – die Erziehungsfunktion für das Elternhaus zu übernehmen, desto mehr belasten uns dieser wahrgenommenen „Regulierungsbedarf“ als Erwachsener.

Für mich stellt vieles was im im zwischenmenschlichen wahrnehme einen an mich herangetragene „Erwartung“ bzw. eine Anfrage zur Regulierung da.

Harmonie ist oft das bevorzugte Modell in dem ich keinen „Erwartungsdruck“ an mich zur Regulierung empfange. Doch es ist nicht realistisch oder gesund sich an Harmonie zu orentieren und diese anzustreben, das Leben findet einfach in der Reibung des Miteinanders mit all seinen oft auch mal „unangenehmen“ Emotionen statt.

Das auszuhalten durfte ich erstmal lernen, auch das selbst wenn ich diese subtile und oft unausgesprochene „Erwartung wahrnehme“ regulierend einzugreifen und mit ggf. einzuklingen – so ist das ein zweischneidiges Schwert das ich immer auch erst mal bewusst betrachten darf um mich dann basierend auf meinem Bedürfnis zu entscheiden ob ich da „mitspielen“ möchte.

Denn auch wenn meine Antennen im Bezug darauf „Erwartungen“ anderer an mich schnell intensiv wahrnehme, so ist es oft auch übergriffig und ungesund für mich einzugreifen.

Zudem gibt es auch Menschen die vielleicht unbewusst einen „Hilfebedarf“ anzeigen der aber real nicht erwünscht ist. Dann macht man sich oft auch keine „Freunde“ einzugreifen und erntet eher zusätzlich Unmut – was mich dann immer etwas irritiert zurück lässt. Denn meine Wahrnehmung das der andere meine Unterstützung will ist zwar ausgesendet worden, aber anscheinend ist er sich dessen unklar oder es ist keine willentliche Entscheidung.

Das wichtigste für mich ist es immer im Miteinander schnell wieder energetisch vom Fokus her zu mir zurückzukehren, egal was ich beim Gegenüber wahrnehme. Mich um meine Gefühle kümmere, mich erstmal in mir orientieren – meine Bedürfnisse klarkriege und mich dann oft „ausklinge“ und die „Erwartung“ nicht annehme.

Es ist einfach immer eine Sache was jemand sagt und was er aussendet – oft erlebe ich uns alle in dieser unklar und unsicher gewordenen Welt bedürftig. Wir alle hätten doch oftmal gerne jemand der uns mal was abnimmt, ein Problem lösst und obwohl wir eigentlich nicht wollen das sich jemand in unsere Sachen mischt senden wir subtil diesen „Hilfebedarf“ aus und sind dann erzürnt wenn jemand eingreift.

Missverständnisse in diesem „Sender/Empfänger Modell “ der Kommunikation in der es auch um unbewusste Entscheidungen geht, machen es oft unklar was wir gerade für uns oder von unserem Gegenüber wollen.

Fakt ist jedoch das „Eigenverantwortung“ das elementarste im Leben ist, somit sind wir ausschliesslich für uns verantwortlich und brauchen uns eigentlich null darum was der andere will zu kümmern – theoretisch. Denn wenn uns jemand am Herzen liegt, ist es dann nicht auch wichtig den anderen nicht hängen zu lassen.

Persönlich finde ich die sensiblel empatische Wahrnehmen, gepaart mit einer offenen Fragekultur am zielführendsten um respektvoll und nicht übergriffig mit subtilen „Erwartungshaltungen“ umzugehen z. B. “ ich nehme wahr das du hier gerade Unterstützung hättest? Liege ich da richtig? Was brauchst du denn konkret?“

Ansprechen der Wahrnehmung entlastet, das habe ich gelernt denn in meiner Kindheit war alles unausgesprochen und unklar und das mich am meisten geprägt und belastet.

Der eigene klare Umgang mit Erwartungen an sich und andere klar verstehen und hinterfragen und zum Ausdruck zu bringen ist heutzutage elementar um gesund im miteinander leben zu können.

Zum Glück kann man das lernen.

Ich bin schon immer am liebsten mit Menschen zusammen die möglichst innerlich klar mit ihren Erwartungen an sich und andere sind – die Eigenverantwortung leben und nicht von mir verlangen das ich das „richten muss“.

Es stresst mich ungemein mit Menschen die sich subtil in einen Erwartungsjungl verstrickt haben lange Zeit zu verbringen.

Einen Raum voll von unklaren Erwartungshaltungen zu betreten ist echt unangenehm und auf Dauer ungesund wenn man sich als sensibler nicht mega abgrenzen kann. Was auch immer klar auf die Tagesform ankommt.

Ich muss sagen ich reagiere oft allergisch auf unkonkrete und unrealistisch subtile Erwartungen die die Eigenverantwortung des einzelnen an mich übertragen wollen. Das macht mich oft wütend und darf erstmal in mir reguliert werden – denn aufgrund dieser mega hohen „Erwartungen“ an mich aus meiner Kindheit triggert mich das Thema und brauch erstmal Rückzug und inneren Raum um verarbeitet zu werden.

Deshalb bin ich aktuell auch sehr selektiv geworden, im Punkto mit wem ich mich umgebe, besonders in dieser Zeit.

Ich möchte meine Energie nicht mehr für die Befriedigung Erwartungen anderer verpulvern und ich möchte auch meine Erwartungshaltungen gesund realistisch halten lernen.

Gestern waren wir bei Freuden und es war ein Genuss einfach den ganzen Tag miteinander zu sein ohne das was erwartet wurde, wir haben zusammen gekocht, gegessen, mit den Kids gespielt, viel geredet und gelacht – ohne das irgendwer zu irgendwas verpflichtet wurde.

Es tut als sensibler Mensche einfach nur gut sich mit solchen Menschen zu umgeben und lässt nachträglich das Gefühl in mir nachreifen „so angenommen zu werden wie ich bin“ – gerade mit neurodivergenz ein großes Thema für mich.

Ein bewusster entlastend gesunder realistischer Umgang mit Erwartungshaltungen gepaart mit offener Fragekultur ist für mich das Mittel der Wahl um gesund zu werden und langfristig zu bleiben.

Ich kann es nur jedem sensiblen ans Herz legen es für sich selbt immer wieder zu hinterfragen und vor allem auch zu schauen welche Menschen dir gut tun und warum!

Menschen die Erwartungen an mich stellen, die bereits unausgesprochen over-the-top sind vertrag ich gerade nicht und energetisch ziehen sie mich eher runter, also möchte ich mich so wenig wie möglich damit belasten.

Reflektiere gern mal für dich den Druck der für dich und dein „Sein“ entsteht wenn Erwartungen unausgesprochen oder ausgesprochen ins Spiel kommen die nicht realistisch sind bzw. die sich der Eigenverantwortung entziehen.